Sonstige Bauteile des Fahrradrahmens

Muffen, Ausfallenden, Tretlagergehäuse, Gabelköpfe, Anlötteile, Stege

Weitere Bauteile des Fahrradrahmens haben vor allen Dingen verbindenden Charakter. Über die Ausfallenden und das Tretlagergehäuse werden Kräfte in den Rahmen eingeleitet. Umgangssprachlich formuliert haben die Rohre dabei tragende Funktion. Die Verbindungsteile halten das „Rohrgerippe“ zusammen. Die Anlötteile (einschließlich der Stege und Platten) heben markante Eigenschaften hervor und erleichtern sowohl die Bedienungsfunktionen als auch die Montage.
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SM = Sitzmuffe (auch Sattelmuffe genannt)

OL = Obere Lenkkopfmuffe (auch obere Steuermuffe genannt)
UL = Untere Lenkkopfmuffe (auch untere Steuermuffe genannt)
GK/GS = Gabelkopf bzw. Gabelschulter
VA = Vordere Ausfallenden (auch „Ausfaller“ genannt)
HA = Hintere Ausfallenden/Ausfaller
TG = TretlagergehäuseObere-Steuermuffe_ABB3-18

Muffen

Muffen sind Bauteile, die wenigstens zwei Rohre miteinander verbinden. Auch Gabelköpfe und Tretlagergehäuse gehören zur Kategorie der Muffen Untere-Steuermuffe_ABB3-19(ergänzende Hinweise zu Tretlagergehäusen u. Gabelköpfen gibt es weiter unten). Bei Diamantrahmen werden die Rahmenhauptrohre mit je einer der oberen und unteren Lenkkopfrohrmuffe (auch Steuermuffe genannt) sowie einer Sitzmuffe. Bei einigen anderen Rahmenbauformen kommen auch Centermuffen vor (z. B. für die Verbindung zwischen Ober- und Sitzrohr bei Rahmen mit Durchstieg). Bei hartgelöteten Stahlrohrrahmen werden in aller Sitzmuffe_ABB3-20Regel Außenmuffen (Rohre werden in die Muffe gesteckt, verwandt, bei Aluminium- und CFK-Rohrrahmen meist Innenmuffen (Rohre werden über den Stutzen gestülpt). Geschweißte Rahmen haben keine Muffen.

Ausfallenden

Die Verbindung zwischen Rahmen und Nabenachse erfolgt über die Ausfallenden. Sie befinden sich an den unteren Enden der Gabelscheiden bzw. an den Strebenenden des Hinterbaus. Simple Stahlausführungen für billige Rahmen sind nur ca. 4 – 5 mm stark. Qualitäts-Stahl-Aus-fallenden sind – über die Spannflächen gemessen – fürs Vorderrad ca. 5 – 6 mm und hinten ca. 6 – 7 mm stark. Aluminium-Modelle messen bis zu ca. 10 mm.
Je nach Werkstoff und Qualitätsstandard werden unterschiedliche Verfahren zur Herstellung von Ausfallenden (Stanzen, Gießen oder Schmieden) angewandt. Sie werden in der Regel von spezialisierten Zulieferfirmen gefertigt. Teilweise werden die Spannflächen und Achspassungen übergeschliffen bzw. nachgefräst. Für Stahlrohrrahmen können Feinguss Ausfallenden als bestmögliche Ausfallende-vorn-ohne-Ösen-ABB3_10Qualität angesehen werden.
Die DIN schreibt für Vorderradnaben so genannte Ausfallsicherungen vor, um bei gelöster Achsbefestigung das unbeabsichtigte Herausfallen des Vorderrads zu verhindern.  Diese Sicherungen können im Ausfallende in Form von vorstehenden Nasen integriert sein. In diesem Fall gibt es dann im Ausfallende ein entsprechendes Radhalterungsloch.
Ausfallende-vorn-ABB3_9Bei Rahmen, die für eine Kettenschaltung vorgesehen sind, befindet sich häufig zusätzlich das „Schaltungsauge” am rechten hinteren Ausfallende. Diese Gewindebohrung (M 10 x 1) ermöglicht die direkte Montage des Schaltwerks am Ausfallende/Rahmen. Die vorderen Ausfallenden sind im Prinzip immer ähnlich, die hinteren variieren sowohl in der Formgebung als auch in der Geometrie ganz erheblich.

horizontales-Ausfallende-ABB3_11Erläuterungen zu den Abbildungen:
VA 1    =     Vorderes Ausfallende mit Öse
VA 2    =    Vorderes Ausfallende ohne Öse
AV        =    Hinteres Ausfallende in Vertikalausführung: Das Hinterrad ist immer mittig (sofern der Rahmen gerade ist). Einfacher Ein- und Ausbau des Hinterrades.
KA        =    Hinteres Ausfallende in horizontaler)Ausführung:  Die Mittigkeit des Hinterrades muss/kann justiert werden. Die Position des vertikeles-Ausfallende-mÖsenABB3_12Schaltwerks zur Radachse kann variiert werden.
SA        =    Dieser Zapfen (häufig „Schaltungsauge“ genannt) mit dem M 10 x 1 Gewinde ermöglicht die Befestigung eines Schaltwerks.
Ö        =    Diese Öse ist fester Bestandteil entsprechender Ausfallenden. Meist mit Gewinde M 5 versehen, wird dadurch die Befestigung von Gepäckträgern, Schutzblechstreben usw. ermöglicht.

Ausfallende-für-Alurahmen-abb3-12xBei Aluminiumrahmen finden häufig zweiteilige Ausfallenden für die rechte Seite Verwendung (siehe Abbildung). Sie bestehen aus dem Basiselement, das mit den Rohren verschweißt wird und dem austauschbaren Einsatz für die Aufnahme der Hinterradnabenachse und des Schaltwerks. Diese Variante verbiegt sich schon bei relativ geringen Krafteinwirkungen und auch die Verschraubung mit dem Basiselement kann relativ leicht Schaden nehmen. In einem solchen Fall ist eine kostspielige Rahmenreparatur die Folge.

Tretlagergehäuse

Das Tretlagergehäuse hat eine Doppelfunktion: Einerseits verbindet es die Unterstreben mit Sitz- und Unterrohr. Andererseits schafft es die Voraussetzung zur Aufnahme des Tretlagers.
Tretlagergehäuse-für-Lötverbindungen_ABB3-14Tretlagergehäuse gibt es in verschiedenen Ausführungen. Ein Tretlagergehäuse kann eine einfache Hülse (speziell bei verschweißten Rahmen) oder – für Lötverbindungen – ein filigranes Bauteil mit „Stutzen“ und elegant ausgeführten Spitzen sein. Bei Aluminiumrahmen werden teilweise Gehäuse mit tonnenförmigen Außendurchmessern verwendet, statt der weit verbreiteten zylindrischen Form. Weit verbreitet sind Ausführungen mit Gewinde für die Verschraubung des Tretlagers.
Bei Ausführungen ohne Innen-Gewinde werden die Lager passgenau in das Gehäuse eingesetzt. Rahmen für eingepressten Tretlagern verfügen meistens über. Bei älteren Modellen von Holland- und Tourenfahrrädern wurden häufig wenig maßhaltige Tretlagergehäuse zum Einpressen verwendet.
Tretlagergehäuse-mit-direkter-Lagerpassung_ABB3-13Bei Tretlagergehäusen mit Innengewinden gibt es verschiedene Gewindenormen. Weltweit übliche Gewindemaße sind:
                                        Ø x Steigung    linke/rechte Lagerschale
BSA/BSC (englisch)    1,37″x 24          Rechts-/Linksgewinde
Italienisch                     36 mm x 24      Rechts-/Rechtsgewinde
Französisch                  35 mm x 1    Rechts-/Rechtsgewinde
Tandems und einige Spezial-Fahrräder verfügen zum Teil auch über Exzenter-Tretlagergehäuse. Der Exzenter ermöglicht die Kettenspannung.

Gabelkopf-für-Innenverbindung_ABB3-15Gabelköpfe

Die Verbindung zwischen Gabelscheiden und Gabelschaft erfolgt bei konventionellen Gabeltypen durch einen Gabelkopf. Es gibt sie in etlichen Varianten, Abmessungen und Detailausführungen.
Die Gabelscheiden können entweder in die Gabelkopfstutzen gesteckt (Außenverbindung)oder übergestülpt werden Gabelkopf-für-Außenverbindung_ABB3-16(Innenverbindung). Bei letzterer Möglichkeit können die Übergänge so gestaltet werden, dass Kopf und Scheiden wie aus einem Teil aussehen.

Außerdem gibt es gabelkopflose Gabeln z. B. in geschweißter „Unicrown“-Bauweise Hierbei sind die Gabelscheiden am oberen Ende so geformt, dass sie direkt mit dem Gabelschaft verbunden Unicrown-Bauweise_ABB3-17werden.

Anlötteile (Kabelstopper, Anschläge, Gewindeösen usw.)

Die kleinen Helfer (Ösen, Nippel, Blechgebilde) wurden ursprünglich Anlötteile genannt, weil sie sich anfangs lediglich an den besseren hartgelöteten Rahmen fanden. Sie wurden üblicherweise angelötet – daher der Name Anlötteile. Die Bezeichnung wurde über die Jahrzehnte beibehalten und wird auch häufig dann verwendet, wenn die entsprechenden Teilchen geklebt, geschraubt, genietet oder geschweißt werden.
Bei preiswerten Stahlrahmen werden Anlötteile manchmal im Punktschweißverfahren angebracht. Bei höherwertigen Rohrsätzen werden sie in oft mühevoller Detailarbeit hartgelötet. Kleben, Schrauben, Nieten wird bei Aluminium- und Carbonrahmen eingesetzt. Aufwändige WIG-Rundum-Schweißnähte gibt es vor allem bei Titan-, teilweise aber auch bei Aluminium- und in wenigen Fällen auch bei Stahlrahmen.

Anlötteile können folgenden Gruppen zugeordnet werden:
– Gewindeösen/-buchsen (für Flaschenhalter, Gepäckträgerösen usw.)
– Sockel (für die Aufnahme von Cantilever- bzw. V-Bremsen, Schalthebeln etc.)
– Nippel (für die Luftpumpe, zum Auflegen der Kette …)
– Haltebleche (z. B. für Dynamo …)
– Zugstopper/Anschlaghülsen (für Schalt-/Bremszüge)
– Zugführungen (für Schalt-/Bremszüge sowie Hydraulikbremsleitungen)
– Haken, Winkelstücke, sonstige Ösen usw.
Anlötteile ersetzen Schellen und andere Hilfskonstruktionen. Sie sorgen für eine sichere Befestigung und für dauerhafte Gewährleistung der Funktionstüchtigkeit der entsprechend angebrachten Komponenten.

Beispiele wie Anlötteile zum Problem werden!
Manchmal ist es unvermeidbar, dass Anlötteile in „Problemzonen“ angebracht werden müssen. Beispielsweise im Falle von Cantileversockeln an den Gabelscheiden oder von Schaltzugstoppern auf der Unterseite des Unterrohres. Im Falle von Hartlöten und Schweißen wird das Rohr in diesen Bereichen mehr oder weniger geschwächt. Bei Stahl beispielsweise kann es – je nach Erhitzungs- und Abkühlverlauf – sowohl zu Versprödungen als auch zu Weichglüherscheinungen kommen. Deshalb sollte bei solchen Rahmen entweder das Rohr über eine ausreichende Wandstärke (ggfs. Endverstärkung) verfügen oder ein Verstärkungsblech untergelegt werden (eignet sich besonders für das Löten mit Silberlot).
Die meisten Anlötteile können in Bereichen mit geringer Beanspruchung angebracht werden. Besonders bei extremen Leichtbaurahmen verwenden Hersteller, denen Sicherheitsreserven wichtig sind, Silberlote. Das Anschweißen von Ösen, Nippeln usw. bei dünnwandigen Rohren (sowohl Aluminium als auch Stahl) erfordert große Sorgfalt und Aufwand im Detail. Probleme beim Schweißen werden im Abschnitt „Fügetechniken“ noch genauer besprochen.
Auch angenietete „Anlötteile“ können der Keim für einen Materialbruch sein. Das erforderliche Loch im Rohr muss wohl überlegt an einer wenig belasteten Zone gebohrt werden, sonst kann die Kerbwirkung zum Bruch führen.
Nur die Methode des Klebens hat keine Auswirkungen auf die Eigenschaften des Rohrmaterials. Klebestellen erfordern jedoch große Kontaktflächen und sind nur in geringem Maße hitzebeständig (schwierig bei Einbrennlackierungen usw.).

Stege und Platten

Zwischen den Kettenstreben (kurz vor dem Tretlagergehäuse) und zwischen den Sitzstreben befindet sich in aller Regel eine Verbindung von der einen Strebe zur anderen. Ihre vorrangige Aufgabe ist es, eine Versteifung der Einzelstreben zu bewirken. Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie betätigen die hintere Cantilever- oder V-Bremse und es gäbe keine Verbindung zwischen den Sitzstreben – diese würden in diesem Fall weit auseinandergespreizt und die Bremswirkung reduziert.
Je näher diese „Verbindungsbrücke“ zum Reifen rückt, umso größer ist die Steifigkeit (auch die Seitensteifigkeit des Hinterbaus und des gesamten Rahmens). Am besten erfüllt diese Aufgabe ein Rohrsteg. Bei Platten (z. B. den so genannten Pletscher- bzw. Esge-Platten) ist der Kraftfluss ungünstiger. Sie werden meist an preiswerteren Rahmen verwandt, denn sie sind Multifunktionsbauteile: Die untere, die Ständerplatte, hat die Funktion eines Verbindungssteges, sie hat eine Öse zur Schutzblechbefestigung und nimmt einen Ständer/Radstütze auf. Die obere, Gepäckträgerplatte genannt, hat ebenfalls die Funktion eines Steges. Sie hat Ösen für die Gepäckträger- und Schutzblechbefestigung und kann eine „Zangenbremse“ (Seiten-/Mittelzugbremse) aufnehmen.
Gepäckträger- und Ständerplatten sind nicht unbedingt ein Zeichen minderer Qualität. Bei einigen Herstellern von Hollandrädern beispielsweise werden ihre Vorteile gezielt genutzt: An nur einer Platte werden Gepäckträger, Schutzblech und Schloss befestigt – es wird also ein hohes Maß an Funktionalität bei geringen Produktionskosten erzielt.
Bei den Stegen gibt es grundsätzlich zwei Typen – den Untersteg (zwischen den Unterstreben) und den Obersteg (zwischen den Sitzstreben). Bei Rennrädern wird der obere „Bremssteg“ genannt, weil er für die Aufnahme entsprechender Bremsen ausgeformt und positioniert ist. Auch Stege können der Schutzblechbefestigung dienen, vor allem dann, wenn Gewindeösen dafür vorgesehen werden.

Knotenbleche
Bei geschweißten Aluminiumrahmen werden manchmal in hochbelasteten Problemzonen speziell geformte Bleche – so genannte Knotenbleche – zur Erhöhung der Festigkeit angeschweißt. In einigen Fällen werden sie allerdings einfach nur als optisches Stilmittel eingesetzt.