Klassifizierung von Fahrrad-Rahmen

Themen dieser Seite:

  • Erläuterung von Grundbegriffen
  • Der Diamantrahmen
  • Klassische Rahmen mit Durchstieg
  • Moderne Rahmen mit niedrigem Durchstieg
  • Rahmen für Kinder und Jugendräder
  • Rahmen für Federungssysteme

Erläuterung von Grundbegriffen im Fahrrad-Rahmenbau

  • Rahmen-Bauform –
    meint das Konzept eines Rahmens und die daraus resultierende Formgebung (z.B. gerade oder geschwungene Rohre/Verbindungselemente, die Anordnung bestimmter Bauteile usw.).
  • Rahmen-Bauweise –
    fragt nach dem „Wie“ und „Womit“. Wie wird eine bestimmte Bauform hergestellt und welche Teile kommen zur Verwendung, wie werden die Teile zusammengefügt. Beispiel: Kommen Rohre oder Formbauteile zum Einsatz, wird gelötet oder geschweißt.
  • Rahmen-Typ –
    bezieht sich auf den Anwendungsbereich, also z. B. Radtouren, Radrennen, Fahrradreisen, Alltag, Gelände usw.
  • Rahmen-Modell –
    bezieht sich auf Detailvarianten wie Größe, Farbe, Radstand, die Anbringung bestimmter Ösen, Sockel usw.

Aufgrund der Entwicklungsgeschichte des Fahrrades beziehen sich viele Begriffe des Rahmens auf die klassische Rohrbauweise und die traditionellen Bauformen. So werden beispielsweise Anlötteile auch dann noch so bezeichnet, wenn sie angeschweißt oder angenietet werden. Fahrradtechnische Beschreibungen werden zusätzlich dadurch erschwert, dass es keine durchgängig einheitliche Terminologie gibt.
Diamantrahmen in klassischer BauformWenn auf diesen Seiten von „Fahrradrahmen“ die Rede ist, so schließt dies in aller Regel die Gabel mit ein. Sämtliche Bauformen (konventionelle und neuartige) haben eine Vorderradgabel, einen Hauptrahmen und einen Hinterbau (bei gefederten Rahmen eine Hinterradschwinge). Bei Rahmen in Rohrbauweise besteht der Hinterbau aus den beiden Unterstreben und den beiden Sitzstreben (siehe Abbildung). Abweichend gibt es auch sogenannte „Monostays“ statt der Sitzstreben. Sie haben eine ähnliche Form wie eine Gabel.
Erläuterung zur Abbildung: Konventioneller Rohrrahmen in Diamantbauform. Der Hauptrahmen dieser Bauform besteht aus – Oberrohr,    Lenkkopfrohr/Steuerrohr,   Sitzrohr und Unterrohr.
Der Hinterbau besteht aus je einem Paar Sitzstreben und Kettenstreben (auch Unterstreben genannt).

Der Diamantrahmen
Der Diamantrahmen (manchmal auch als „Herrenrahmen“ bezeichnet)  wurde schon in der Frühgeschichte der Fahrradentwicklung erfunden. Die Namensgebung erfolgte in Anlehnung an die Kristallstruktur von Diamanten. Diamtrahmen werden in Rohrbauweise gefertigt. Diese ermöglicht die Verwendung unterschiedlicher Werkstoffe und Fügetechniken. Je nach dem ob Stahl-, Aluminium-, Titan- oder Carbonrohre zum Einsatz kommen, wird als Fügetechnik Hartlöten, Schweißen oder Kleben eingesetzt.
ABB2_3Die Diamantbauform sorgt hinsichtlich der Rahmenstatik (Steifigkeit, Festigkeit) für optimale Voraussetzungen. In der traditionellen/klassischen Form ist das Oberrohr waagerecht. (siehe Abbildung).
Speziell bei kleinen (niedrige Rahmenhöhe) und modernen Rahmen ABB2_4(MTB/Trekking etc.) ist es häufig schräg (nach vorn zum Lenkkopfrohr hin ansteigend – siehe Abbildung) ausgerichtet. Bei Triathlonrahmen und anderen Rennrahmen kann es auch zum Lenkkopfrohr hin abfallend sein.
Durch die Wahl entsprechender Einzelbauteile und Rohrlängen kann mit der Diamantbauform nahezu jede beliebige Geometrie gefertigt werden. Mit seinen universellen Möglichkeiten findet er für jeglichen Verwendungszweck und in jeder Preisklasse Anwendung.

„Klassische“ Fahrradrahmen mit Durchstieg
Die Bauformen dieser Sparte (umgangssprachlich auch „Damenrahmen“ genannt) ermöglichen ein bequemes Aufsteigen des Sattels „vornherum“. Hollandräder und ABB2_10Retro-Bikes verfügen über ein nahezu parallel zum Unterrohr verlaufendes Oberrohr. Die Durchstiegshöhe über dem Boden ist mit ca. 35 – 45 cm deutlich niedriger als bei den in Abschnitt 2.3 aufgeführten Bauformen. Außerdem ist bei der Oberrohrformgebung ausreichend Platz für den Schuh (beim ABB2_11Durchsteigen) berücksichtigt. Dies ermöglicht ein bequemes Besteigen des Sattels. Ein niedriger Durchstieg ist vor allem für ältere Menschen wichtig, bei körperlichen Behinderungen oder einfach aus Bequemlichkeit.
Die Rohrbauwiese ist das typische Merkmal dieser Rahmenbauformen. Ebenfalls typisch ist das stark ausgeprägte Schwingungsverhalten (Rahmenflattern), was bei Zuladung extreme Ausmaße annehmen kann.
In den 1970-1990er Jahren gab es außerdem noch etliche Varianten dieser Bauform, beispielsweise mit den Bezeichnungen Mixte, Berceau, Meral, Anglais oder Swing.

ABB2_13AModerne Fahrradrahmen mit niedrigem Durchstieg
Neben den vorher dargestellten Fahrradrahmen mit niedrigem Durchstieg gibt es vor allem für „Citybikes“ moderne Ausführungen, die das für diese Kategorie typische „Rahmenflattern“ zu lösen versuchen. Diese Rahmen verfügen über ein stark überdimensioniertes (ca. 40 – 60 mm Durchmesser) Unterrohr. Das Oberrohr wird weggelassen, daher die Bezeichnung „Zentralrohrrahmen“. Diese Bauform – die auch bei Kinderfahrrädern Verwendung findet – wird in verschiedenen Varianten für Fahrräder mit 26″ und 28″ Laufradgröße angeboten. Inzwischen sind Fahrräder dieser Art auch mit geschwungenen Rohren in den verschiedensten Ausführungen bei Stadträdern sehr populär. Ähnliche Bauformen gibt es auch mit Federgabel und manchmal auch mit Vollfederung. Im Unterschied zu den „klassischen Bauformen“ mit Durchstieg ist bei Zentralrohrrahmen mit großen Rohrdurchmessern das Rahmenflattern kein Problemthema.ABB2_14Ein für die Festigkeit kritischer Bereich dieser Bauformen ist die Stoßstelle zwischen Zentralrohr und Sitzrohr. Auch wenn Hersteller die Wandstärke des Sitzrohres in diesem Bereich besonders erhöhen oder anderweitig verstärken, bleibt dieser Bereich eine kritische Verbindungsstelle, die im Dauerbetrieb bei der einen oder anderen Bauformvariante zu Materialversagen führen kann. Im Prinzip gilt das für alle Rahmen mit Durchstieg, bei denen keine Diagonalverstrebung des Hinterbaus vorhanden ist. Abgeknickte Sitzrohre sind bei diesen Rahmen seit jeher ein bekanntes Phänomen. Vor allem bei schwergewichtigen FahrerInnen, hoher Zuladung und hoher Nutzungsintensität kann es zu Festigkeitsproblemen kommen.

Rahmen für Kinder- und Jugendräder
Bei diesen Rahmen wird statt der Rahmengröße die Laufradgröße (ca. 16 – 20 Zoll) angegeben, also beispielsweise „ein 16-Zoll-Kinderrahmen“. Bei den 16- bis 20-Zoll-Modellen gibt es im Wesentlichen zwei Bauformen: Den Zentralrohrrahmen (siehe Abbildung) mit sehr niedrigem Durchstieg und verkleinerte „Damenversionen“. Leider sind die  Fahrrad-Rahmen dieser ABB2_13Sparte meist aus der Massenproduktion der untersten Preisklasse in minderwertiger Qualität (hohes Gewicht, geringe Fertigungspräzision usw.). Mit relativ geringem Mehraufwand könnten kindgerechte Rahmen gefertigt werden, die einerseits leicht, andererseits dennoch robust wären. Auch die Möglichkeit des „Mitwachsens“ könnte berücksichtigt werden. Bei den 20- bis 24-Zoll-Modellen gibt es seit einigen Jahren verkleinerte MTB- und Trekking-Ausführungen, die jedoch hinsichtlich der Tretlagerhöhe, der Oberrohrlänge und des Gewichts häufig nicht kindgerecht sind.

abb2-17bRahmen für Federungssysteme
Gefederte Fahrrad-Rahmen erfordern eine eigenständige Bauform, um den Stoßdämpfer mit der Hinterradschwinge und den Hauptrahmen zu verbinden.  Es gibt sie in etlichen Varianten wobei die Vielzahl der Bauformen und Neuentwicklungen selbst für Fachleute kaum noch überschaubar ist.   abb2-17cFür gefederte Fahrradrahmen gelten teilweise andere technische Maßstäbe, als für konventionelle Rahmen. Das gilt insbesondere für die Aufnahme der Schwingenlagerung. Sie erfordert ein hohes Maß an Steifigkeit, Festigkeit und Präzision. Je nach Verwendungszweck bzw. Fahrrad-Typ gibt es recht unterschiedliche Konzepte bei der Realisierung.

Die Abbildungen zeigen drei Beispiele für gefederte Rahmen abb2-17aunterschiedlicher Bauarten.
Optisch aufwändige Bauformen mit „unnötig“ gebogenen Rohren und vielgestaltigen Verbindungsteilen (siehe untere Abbildung) sind häufig Designerkonstruktionen, die sich in der Praxis nicht bewehren und bald wieder von der Bildfläche verschwinden. Als Leitfaden für eine erste Bewertung gilt auch bei Rahmen mit Federung: Die Form folgt der Funktion!